Praxis geschlossen – weshalb?

Gelegentlich wird ja in der Presse darüber diskutiert, dass Ärzte insgesamt zu wenig arbeiten. Zumindest wird dies von den Krankenkassen immer wieder behauptet, manchmal sogar mit Honorarkürzungen gedroht.

Ich möchte Ihnen gerne einen Einblick geben, was so hinter den Kulissen geschieht, also in der Zeit, in der die Praxis nicht geöffnet ist.

Sie haben vielleicht schon bemerkt, dass wir unsere Praxis vormittags gegen 7.45 Uhr und nachmittags um 16.00 Uhr öffnen. Sicher gibt es gelegentlich Klagen darüber, dass wir nicht vorher öffnen, insbesondere, wenn von außen Licht in der Praxis zu sehen ist, wir also offensichtlich schon anwesend sind.

Jedoch gibt es hierfür gute Gründe: Der Verwaltungsaufwand einer Arztpraxis ist inzwischen aufgrund zahlreicher bürokratischer Auflagen derart groß, dass ungefähr 60% unserer Arbeitszeit aus reiner Bürotätigkeit besteht. Jeder aber, der in einem Büro arbeitet, wird nachvollziehen können, dass solche Tätigkeiten am besten zu erledigen sind, wenn man dabei ungestört arbeiten kann. Wir brauchen diese Zeit einfach, um all die Dinge zu erledigen, die während der Sprechstunde nicht möglich sind.

Aus diesem Grund ist die Praxis auch am Dienstag, Mittwoch und Freitag Nachmittag geschlossen – zumeist liegen dann Fortbildungen, Hausbesuche oder Verwaltungsarbeiten an:

  • Anfragen von Krankenkassen schriftlich beantworten.
  • Anfragen von Versicherungen und Versorgungsämtern (z. B. zu Ihren Schwerbehindertenangelegenheiten) schriftlich beantworten.
  • Befunde zu Ultraschalluntersuchungen, EKGs, Lungenfunktionsuntersuchungen, Belastungs-EKGs u.a. schriftlich dokumentieren (hierzu ist während der regulären Sprechstunde schlicht keine Zeit).
  • Interne Fortbildungen durchführen.
  • Interne Qualitätssicherung, kontinuierliches Verbessern der Abläufe, Erarbeiten von Standards zu Diagnostik und Therapie – damit keine Fehler passieren. Regelmäßige Teamsitzung mit allen Mitarbeitern finden hierzu statt.
  • Bestandskontrolle der vorrätigen Artikel (Medikamente, Verbandsstoffe), Fehlendes und nur noch wenig Vorhandenes wird neu bestellt, abgelaufene Medikamente werden durch neue ersetzt, Geräte werden auf Funktionsfähigkeit geprüft oder extern gewartet.
  • Hygienemaßnahmen, Desinfektionen, Reinigung.
  • Abarbeiten schriftlicher Anfragen und Briefe per Telefon, Post, Fax oder E-Mail.
  • Gespräche mit Fremdpraxen und Krankenhäusern sowie dem kooperierenden Labor, Beschaffen von medizinischen Befunden und Arztbriefen, Sichten der Befunde, Rückruf von Patienten im Falle wichtiger neuer Befunde.
  • Komplette Datensicherung auf externen Datenträgern (täglich).
  • Hard- und Softwarewartung.
  • Einscannen von Arztbriefen in unser Computersystem, Entsorgen überflüssigen Papiers mit sensiblen Daten durch Aktenvernichtung (zertifizierter Schredder).
  • Vorbereiten von Untersuchungen gemäß Terminkalender (wir freuen uns immer sehr, wenn Termine im Falle von Versäumnissen rechtzeitig abgesagt werden, sonst war unsere Arbeit umsonst – und hat Kosten verursacht).

All dies nimmt – für das gesamte Team – leider mehr Zeit in Anspruch, als uns lieb ist, und vor allem: All diese Tätigkeiten bringen uns nahezu keinerlei Einkünfte, sind aber trotzdem immens wichtig, um die von uns selbst geforderte und von Ihnen zu Recht erwartete Qualität in der medizinischen Diagnostik und Therapie gewährleisten zu können.

  • Für uns Ärzte herrscht eine Fortbildungspflicht; manche Fortbildungen bringen sogenannte “CME-Punkte” ein, welche regelmäßig nachgewiesen werden müssen – ansonsten drohen massive Honorarkürzungen bis hin zum Verlust der Zulassung.
  • Patienten in Pflegeheimen werden regelhaft, manchmal (in dringenden Notfällen) auch außerplanmäßig Nachts oder am Wochenende, visitiert.
  • Überdies ist der Arzt zur Teilnahme am medizinischen Notdienst Nachts/am Wochenende/Feiertags verpflichtet.
  • Die Wochenarbeitszeit eines engagierten Hausarztes liegt unter Berücksichtigung all dieser „unsichtbaren“ Zusatzaufgaben zumeist oberhalb von 60 Stunden – unvorhersehbare Inanspruchnahmen in Notfällen nicht mit eingerechnet.

All dies wäre übrigens ohne die herausragende Arbeit meiner Angestellten kaum zu bewerkstelligen. Ich bin sehr dankbar, dass ich solch gutes, erfahrenes und stets freundliches Personal habe, welches mich sehr umfassend, geduldig und kompetent bei meiner Tätigkeit unterstützt.

DANKE dafür – jeden Tag aufs Neue!

Matthias Pfeifer
Matthias Pfeifer